Was bedeutet „Sell in May and go away“?
- Kernaussage: „Sell in May and go away“ ist eine Börsenweisheit, die besagt, dass Anleger im Mai ihre Aktien verkaufen und erst im Herbst wieder in den Markt einsteigen sollten.
- Wissenschaftliche Aussage: Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz, die die Wirksamkeit von „Sell in May and go away“ als Anlagestrategie unterstützt. Es handelt sich um eine Börsenweisheit, die auf einer statistischen Beobachtung basiert.
Eine Reihe von Studien hat die Wirksamkeit der „Sell in May and Go Away“-Strategie untersucht. Eine Studie von Bouman und Jacobsen (2002) untersuchte die historische Performance dieser Strategie in 37 Ländern über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Strategie in einigen Ländern, insbesondere in europäischen Märkten, eine signifikant bessere Performance erzielte als eine Buy-and-Hold-Strategie. Allerdings war die Überlegenheit der Strategie in den USA und einigen asiatischen Märkten weniger ausgeprägt. Das Magazin Forbes hat ähnliches festgestellt. Bei der Untersuchung der letzten 52 Jahre zeigt sich eine Differenz von Mehr-Performance von 1,6 % in den Monaten November bis April im Vergleich zu den restlichen Monaten im S&P500. Der NASDAQ und DJ weisen sogar noch höhere Unterschiede auf mit 5,9 % und 6,9 & laut Forbes. Auch die Untersuchung „Analysis of Sell-in-May-and-Go–Away Strategy on the Markets of 122 Equity Indices and 39 Commodities“ von K. Borowski aus dem Jahr 2015 zeigt auf, dass es Indizen gibt, dass es diesen Effekt tatsächlich zum Teil geben könnte.
Woher stammt die Börsenweisheit?
- Kernaussage: Die Börsenweisheit „Sell in May and go away“ stammt aus dem englischen Sprachraum und geht auf das Verhalten der Londoner Börsenhändler im 19. Jahrhundert zurück.
- Wissenschaftliche Aussage: Es gibt keine wissenschaftliche Forschung, die den Ursprung von „Sell in May and go away“ untersucht hat. Die Geschichte dahinter ist daher weitgehend auf historische Überlieferungen und mündliche Überlieferungen zurückzuführen.
Was sagt die Forschung zu saisonalen Anlagestrategien?
- Kernaussage: Die Forschung zeigt, dass saisonale Anlagestrategien nicht zu einer höheren Rendite führen als Buy-and-Hold-Strategien.
- Wissenschaftliche Aussage: Untersuchungen haben gezeigt, dass saisonale Anlagestrategien wie „Sell in May and go away“ keine signifikanten Vorteile gegenüber Buy-and-Hold-Strategien bieten. Eine Studie von Hirschey und Wangerin (1984) ergab beispielsweise, dass saisonale Anlagestrategien bei langfristigen Investitionen nicht erfolgreicher sind als kontinuierliche Investitionen.
Folgende Studien unterstützen die Erklärungsansätze für die „Sell in May and Go Away“-Strategie: Eine Untersuchung von Jacobsen und Zhang (2013) zeigte, dass die Renditeschwankungen während der Sommermonate tatsächlich geringer waren als während der Wintermonate, was auf eine geringere Handelsaktivität hindeutet. Eine weitere Studie von Panagiotidis und Printzis (2018) fand heraus, dass die Unternehmensgewinne in den Sommermonaten tendenziell niedriger waren als in den Wintermonaten, was die geringeren Aktienrenditen während dieser Zeit erklären könnte.
Aber es gibt auch kritische Stimmen, speziell wenn die jüngeren Jahre bzw. Jahrzehnte betrachtet werden. So berichtet marketwatch.com folgendes:
Die „Sell in May and Go Away“-Strategie, die auch als „Halloween-Indikator“ bezeichnet wird, sieht vor, dass man in den sechs Monaten zwischen dem 31. Oktober und dem 1. Mai in den Aktienmarkt einsteigt und in der anderen Hälfte des Jahres aus dem Markt aussteigt. Anleger, die mechanisch dieser saisonalen Strategie folgen, warten daher bis zum Ende des letzten Handelstages im April, um zu verkaufen, und bis zum Ende des letzten Handelstages im Oktober, um zu kaufen.
Andere Anhänger sind der Meinung, dass man besser fahren kann, wenn man ab und zu voreilig handelt. Ein prominenter Befürworter des „jump the gun“ ist Jeffrey Hirsch, Herausgeber des Stock Traders Almanac. „Ab dem ersten Tag im April bereiten wir uns darauf vor, aus diesen saisonalen Positionen auszusteigen, sobald der Markt schwächelt“, schreibt Hirsch in der neuesten Ausgabe des Almanachs.
Im Herbst macht Hirsch das Gegenteil: „Ab dem ersten Handelstag im Oktober suchen wir nach dem ersten Anzeichen eines Aufwärtstrends am Markt.“ (Um festzustellen, ob der richtige Zeitpunkt zum Einstieg gekommen ist, stützt sich Hirsch auf einen trendfolgenden Indikator, den MACD, der für Moving Average Convergence Divergence steht.)
Dort findet sich auch die folgende Grafik die die Aussage von Mark Hulbert unterstreicht – Buy & Hold war besser für den Wilshire 5000 Index in den letzten 20 Jahren:
Wie sollten Anleger vorgehen?
- Kernaussage: Anleger sollten ihre Anlageentscheidungen nicht aufgrund von Börsenweisheiten treffen, sondern auf der Grundlage einer umfassenden Analyse der Fundamentaldaten von Unternehmen und Marktbedingungen.
- Wissenschaftliche Aussage: Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass „Sell in May and go away“ als Anlagestrategie erfolgreich ist. Anleger sollten stattdessen auf eine langfristige, diversifizierte Anlagestrategie setzen, die auf soliden Fundamentaldaten und einer angemessenen Risikobewertung basiert.
Zusammenfassung und Handlungsaufforderung
„Sell in May and go away“ ist eine Börsenweisheit, die auf einer statistischen Beobachtung basiert und keine wissenschaftliche Evidenz zur Unterstützung hat. Anleger sollten ihre Anlageentscheidungen nicht aufgrund von Börsenweisheiten, sondern auf der Grundlage einer umfassenden Analyse der Fundamentaldaten von Unternehmen und Marktbedingungen treffen. Eine langfristige, diversifizierte Anlagestrategie, die auf soliden Fundamentaldaten und einer angemessenen Risikobewertung basiert, ist die beste Wahl für Anleger, die ihr Vermögen langfristig aufbauen wollen.
Also: Der Spruch ist nett, mehr aber auch nicht und wer diesen Spruch dennoch beherzigt, soll unbedingt daran denken:
„Sell in May and go away but remember to come back in September“
Börsenspruch